25. Oktober 2025 | Gemeindeleben Startseite

Rückblick: Vortragsabend „Die Anti-Erschöpfungsstrategie“ mit Jörg Berger – Entdecke die Tigermomente in Dir

Mit dem Thema hatte die Freie evangelische Gemeinde Wiesloch-Walldorf wohl einen Nerv getroffen, denn rund 100 Gäste waren ins Gemeindezentrum  gekommen, um dem Heidelberger Psychotherapeut Jörg Berger über seine „Anti-Erschöpfungsstrategie“ referieren zu hören. Margit Berg von der FeG-Gemeindeleitung begrüßte die interessierten Zuhörer und gab einen Einblick, was der Anlass für diesen Abend war: Sie selbst las im Frühjahr das gleichnamige Buch von Jörg Berger und fand es so interessant, dass sie den Autor zu diesem Vortrag einlud.

Jörg Berger stellte zunächst den Tiger vor, der seinen Buchtitel ziert und als Symbol dafür gilt, dass er viel leisten kann – aber nur, wenn es absolut notwendig ist. „Wenn keine Not ist, entspannt er“, so Berger. Wie man Leistung energievoll abrufen kann, wollte Berger als ersten Aspekt seiner Strategie gegen Erschöpfung weitergeben. „Ich bin mir sicher, dass Sie alle diese Tigermomente in ihrer Lebensgeschichte haben“, so Berger weiter. „Das waren Momente, in denen Sie aus einer inneren Freude und mit Leichtigkeit viel geleistet hat.“ Nicht immer könne man sich solche Situationen raussuchen, gibt Berger zu. Aber Vieles bewege sich im „Tigerbereich“.

„Erschöpfung ist eine gemeine Mischung aus Überforderung und Unterforderung“, so der Psychologe. Eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Aufgaben, die einen heraus- aber nicht überfordern, sei die zentrale Aufgabe, um einer Erschöpfung entgegenzuwirken. Wenn eine ungesunde Mischung zu lange andauert, dann reagiere das Nervensystem und eine Erschöpfungssituation tritt ein. Diese solle man dann aber „feiern“, forderte Berger etwas provokant. „Feiern“ in dem Sinne, dass man sie nicht möglichst schnell überwinden solle, sondern als eine Botin verstehen soll, die uns etwas sagen möchte. Man solle den Grund erforschen und angehen. „Irgendjemand oder irgendwas hat uns Dinge ins Leben geschmuggelt, die uns zu sehr anstrengen. Oder ein Mensch ist in unserem Leben, der uns anstrengt, auslaugt und blockiert.“ Gedanken seien manipulierbar, aber der Körper sei unbestechlich, so Berger. Deswegen seien Körperreaktionen ein guter Maßstab. Der Körper sei wie eine Ampel, der die Wahrheit über die Situation sage. In einer Übung fordert er die Vortragsbesucher heraus, an eine eigene Situation und Beziehung zu denken, in der man sich nicht so sicher ist. Und er verwies wieder auf den Tiger, der im Zweifel die Situation verändert und sich aus dem Gebiet rauszieht, das ihm nicht guttut. Eine andere Möglichkeit wäre, einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen.

Als zweiten Impuls gab der Referent weiter, dass man zum „Autor des eigenen Lebens“ werden solle. Oftmals gebe es Wiederholungszwänge oder verhängnisvolle Personenkonstellationen, die zu viel Kraft abziehen. Ebenso solle man sich fragen, ob man jede Konfliktsituation, auch wenn man selbst im Recht ist oder für Gerechtigkeit sorgen könnte, ausfechten sollte oder dem Konflikt besser aus dem Weg geht.

Als nächsten Schritt, um einer Erschöpfung vorzubeugen, ist für Jörg Berger die eigene Aufmerksamkeit und Kraft zu konzentrieren und unnötige Dinge ganz bewusst wegzulassen, auch mal Nein zu sagen oder zu entschleunigen. Auch empfahl er, nicht den falschen Menschen Macht und zu viel Einfluss im eigenen Leben zu geben. Jeder kenne Menschen, die Grenzüberschreiter oder Abwerter seinen, die einen einschüchtern oder viel Kraft rauben. Diese Menschen solle man als solche identifizieren und wenn möglich meiden.

Zum Abschluss wurde Berger persönlich und gab den Besuchern mit auf den Weg, dem Leben eine spirituelle Grundlage zu geben. Denn manchmal gebe es Belastungen, die seien so heftig, da brauche man Haltungen, die nicht in unserer menschlichen Natur sind. Demut nannte er als ein Beispiel und verwies auf Jesus, der dazu einige Anstöße in den Gleichnissen gegeben hat. Jesus selbst musste in seinem Leben auch viel an Schmähungen bis hin zu Morddrohungen aushalten. Wie er mit solchen Situationen umgegangen ist, das kann für den ein oder anderen auch vorbildhaft und inspirierend sein. Auch sei eine Form des „inneren Loslassens“  nicht in unserer menschlichen Natur und müsse eingeübt werden.

Man könne nicht beanspruchen, dass das eigene Leben leidfrei bleibe, So Berger. Das erfahre er auch ganz persönlich, insbesondere in den letzten Jahren. Jedoch helfe ihm diese spirituelle Grundlage  und geistliche Haltung, damit gut umzugehen und nicht in eine Art Ohnmacht zugeraten.

(Diesen Rückblick hat Alexander Lucas verfaßt. Die Fotos stammen von Michael Pöpel.)